18. Juli 2023 – Ein übler Satz


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Letzte Woche habe ich ihn wieder gehört – diesen Satz, der mich immer wieder irritiert.
Ehrlich gesagt macht er mich sogar wütend, auch wenn ich ihn nicht selbst gesagt bekomme. Aber es trifft mich auch, wenn eine Frau mir berichtet, wie sehr dieser Satz sie verletzt hat.

Und stellvertretend für sie werde ich wütend auf Leute, die sowas sagen.
Ich frage ich mich, was jemanden zu solch einer Aussage bringt.
Vielleicht hast du eine Idee.
Es gibt ihn in verschiedenen Varianten.

"Dann war dein Kinderwunsch aber nicht wirklich gross, wenn du keine reproduktionsmedizinische Behandlung gemacht hast."

"Wenn du wirklich Kinder wollen würdest, würdest du dich von diesem Mann trennen."

"Wenn ihr jetzt schon mit den Behandlungen aufhört, kann euer Kinderwunsch nicht so stark sein."

Jede Frau, die sich das hat anhören müssen, war sehr verletzt.
Und mir scheint in diesen Sätzen so etwas wie eine Wertung mitzuschwingen.
Wie wenn ein stärkerer Kinderwunsch besser wäre und die Opfer, die man dafür erbringt, etwas Ehrenvolles.

Steckt dahinter einfach der Machbarkeitswahn unseres Zeitgeistes? ("Was du wirklich willst, kannst du auch erreichen – wenn es nicht gelingt, bedeutet das, dass du nicht genug dafür getan hast.")

Oder hat es damit zu tun, dass Frauen ohne Kinderwunsch immer noch argwöhnisch angesehen werden und daher die Formel "je mehr Kinderwunsch, desto besser die Frau" heimlich gilt?

Beide Thesen sind eher plakativ und vielleicht auch provokativ, das ist mir bewusst.

Aber woher kommt die Aussage sonst?
Und was ist die Absicht des Absenders?

In meiner Facebook-Gruppe für OK-Frauen äusserte sich eine Frau stets wieder leicht abwertend gegenüber gewählten OK-Frauen.
Als eine davon ihr offen beschrieb, dass es für sie (auch) eine Entscheidung aus Vernunftsgründen war, weil sie wegen psychischer Instabilität nämlich mit sich selbst schon ihre liebe Mühe hat und erkennt, dass es mehr Sinn macht, ihr eigenes Leben in Griff zu bekommen, als es noch schwieriger zu machen, meinte die andere "Dann bist du ja nicht ganz freiwillig OK" – so als wäre das schon ein wenig besser.

Und in anderen Gruppen las ich schon mehrmals diesen hier: "Wenn du wirklich Kinder willst, trennst du dich von diesem Mann."
Eine Ohrfeige für eine Frau, die sich in ihrem Dilemma der Gruppe anvertraut hat und auf Beistand hoffte. Kinder will sie ja – und die Beziehung zu dem Mann ist auch wertvoll, die möchte sie nicht hinwerfen.

Da sind da noch die, denen der Partner gefehlt hat (vielleicht sogar nachdem sie den verlassen hatte, der nicht wollte) – war da der Wunsch auch zu klein?
Sonst hätte sie sich ein Paket aus Dänemarkt bestellt und sich aufopferungsbereit in die Rolle der alleinerziehenden Mutter gestürzt – wie man das eben tut, wenn man einen echten, starken Kinderwunsch hat (also eine richtig gute Frau ist – (Hinweis: ironisch gemeint)).
Oder sie hätte den erstbesten zeugungswilligen Mann zum Vater ihrer Kinder erkoren – ein ideales Elternpaar hätte das abgegeben ...

Alles hat seinen Preis – wie weit geht man, um sich einen Wunsch zu erfüllen? Jede Frau hat ihre eigenen Grenzen und einen Entscheid wird man letztendlich dann am wenigsten bereuen, wenn er aus freien Stücken und bewusst getroffen wurde.

Was glaubst du, dass hinter diesem Satz steckt?
Hast du ihn auch schon mal gesagt bekommen?
Wie war das für dich?
Wie hast du reagiert?

Übrigens: Für jene, die den Mut haben zu riskieren, dass ihr unerfüllter Kinderwunsch – egal weshalb unerfüllt – weniger stark schmerzt (und vielleicht etwas kleiner wird):
Ab sofort kann man sich für unseren beliebten Tagesworkshop im Herbst anmelden – ein idealer Start für den Weg zu mehr Lebensqualität trotz unerfülltem Kinderwunsch.


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