8. Oktober 2018 — Tabuzone?


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Ganz ehrlich – noch vor zwei Jahren hatte ich beim Wort "Kinderwunschbehandlung" keine konkrete Vorstellung. Und das, obwohl ich gerade das Buch "Kinderlos bleiben? Auch OK" herausgegeben hatte. Was die Reproduktionsmedizin und deren Auswirkungen anbelangte, war ich ziemlich blauäugig.
Eine OK-Frau hatte mir zwar von einem Klinikbesuch berichtet, als sie und ihr Partner sich mit dem Gedanken trugen, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, nachdem "es" jahrelang nicht geklappt hatte.
Der Einblick, den sie bei diesem Besuch gewonnen hat, hielt sie davon ab, den Weg der medizinischen Hilfe zu gehen. Was sie erzählte, klang auch in meinen Ohren eher unangenehm.

Was es aber bedeutet, diesen Weg tatsächlich zu gehen, konnte ich erst einigermassen nachvollziehen, als ich Elaines Blog kennenlernte.
Elaine nahm mich durch ihre offenen, flüssig geschriebenen Berichte mit ins Leben einer Frau, die am eigenen Leib erfahren hat, was eine Kinderwunschbehandlung ist. Ich staunte, war tief beeindruckt und holte mir noch mehr Informationen im Netz, sah mir auch Filme an. Niemals hätte ich vermutet, was Frauen alles auf sich nehmen und durchmachen, um (vielleicht) Mutter werden zu können. Was ich da erfuhr, machte mich betroffen. Und niemals wäre ich auf die Idee gekommen, wie mies es ihnen dabei oft geht.

Kein Wunder, denn die ganze Thematik kommt erst jetzt allmählich aus der Tabuzone. Die meisten Frauen erzählen ihrem Umfeld nichts von ihrer Behandlung und leiden still für sich, bzw. mit ihrem Partner. Da im Umfeld kaum jemand Bescheid weiss, müssen sie sich auch noch dauernd die üblichen Bemerkungen anhören, auf die alle OK-Frauen gerne verzichten würden, auch bewusst kinderlose. Ich kenne eine Frau, die von der eigenen Mutter als Egoistin bezeichnet wurde, weil sie keine Kinder bekam. Hätte sie besser daran getan, ihrer Mutter zu sagen, wie es sich wirklich verhielt? Dass sie gern Kinder gehabt hätte, ihr Mann aber keine zeugen konnte?

Paare, die im Umfeld offen darüber sprechen, dass sie unfreiwillig kinderlos (und evtl. deshalb in einer Behandlung) sind, werden dafür mit gut gemeinten Ratschlägen bedacht, die im wahrsten Sinne des Wortes Schläge sind. Und manchmal zieht einen das Mitleid der anderen nur noch mehr runter.

Also besser doch alles geheim halten?
Wenn ich jedoch nicht kommuniziere, was mich bewegt, hat mein Gegenüber keine Grundlage, auf der er sein Verständnis aufbauen kann.

Welche Erfahrung macht ihr mit offen sein versus nur allerengste Freunde oder gar niemanden einweihen? Oder was würdet ihr anderen raten?


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