Hamburg

Interessen
  • Kreatives
  • Handwerkliches
  • Natur&-wissenschaften
  • Nachhaltigkeit
Jahrgang 1991
Region / Ort Hamburg
Projekte / Beruf Medizinisch-technische Laborsassistentin
Eigenheiten wechselhaft, spontan, liebevoll, nachdenklich, kreativ, sensibel, vielschichtig
Meine OK-Geschichte Ganz früher habe ich, glaube ich, nicht daran gezweifelt, dass ich mal Kinder haben werde. Das war eben auch immer das Wunschdenken meiner Mutter. Zwischenzeitlich konnte ich mir eine Schwangerschaft gut vorstellen, aber danach hätte ich das Kind gerne abgegeben. Mit etwa 12 war ich mir dann aber sicher nie schwanger werden zu wollen und ein Leben ohne eigene Kinder zu leben.

In meinen bisherigen Partnerschaften habe ich das immer früh thematisiert, denn ein Partner, der eigene Kinder möchte, war für mich nie vorstellbar. Meinem ersten Freund und mir ist beim GV ein Missgeschick passiert, da war ich noch ziemlich jung. Wir waren uns nicht sicher, ob ich schwanger sein könnte und wir fuhren für eine Untersuchung ins Krankenhaus. Das war mir sehr unangenehm. Ich war zuvor noch nie beim Frauenarzt gewesen. Und die Gedanken und Gefühle ein kleines Wesen im Bauch zu haben sehr nah. Ich musste mich unweigerlich noch intensiver mit dieser Fragestellung auseinandersetzen und meinen Wunsch überdenken. Zugegeben, es war auch irgenwie ein wohliges, wunderbares Gefühl, aber auch ein beängstigendes: bitte nicht jetzt und auch sonst nicht.
Ich finde diese Erfahrung, die ich gemacht habe, sehr wichtig. Denn sie hat mir damals schon gezeigt: Selbst wenn ich glaube ich sei schwanger und selbst wenn ich dieses gewisse Gefühl spüre und sogar wenn ich es kurzzeitig genießen kann, ich will es nicht. Das bin ich nicht. Ich kann Kinder toll finden, ich kann sie sogar lieben und ich habe eine Art Verbindung zu dem Kind, das ich nie hatte und nie haben werde und ich habe damit Frieden geschlossen, genau WEIL es nie auf die Welt kommen wird.

Irgendwann vor ein paar Jahren wollte ich dann die Pille absetzen. Es gefällt mir nicht lebenslang Hormone einzunehmen. Kondome sind für mich auch nur eine Übergangslösung. Bei Spirale oder ähnlichem stellen sich bei mir die Nackenhaare auf, ein Fremdkörper im eigenen Körper – das empfinde ich auch einem Ungeborenem gegebenüber oder einem Tampon. Frauen, die Kinder kriegen, nehmen die Pille ja auch nicht durchgängig, auch wenn sie sonst damit verhüten. Aber eigentlich hatte ich sowieso andere Pläne, mit denen ich auf die Hormone verzichten konnte und mich auch sonst von dem Verhütungsdschungel verabschieden konnte: eine OP.
Also setzte ich die Pille frühzeitig ab, auch um die Nebenwirkungen des Absetzens von möglichen Komplikationen unterscheiden zu können und verhütete von nun an mit Kondom, während ich mich auf die Suche nach einem Arzt machte, der mich operieren würde. Die Suche war hart und zum Verzweifeln.

«Eine Frau unter 30, die noch kein einziges Kind in die Welt gesetzt hat? Die kann jetzt noch gar nicht wissen und,ob sie nicht doch irgendwann noch Kinder bekommen will. Und lassen Sie das doch bei Ihrem Partner machen. Das ist auch viel einfacher.»
Aber es ist mein Leben, mein Körper. Ich will nicht, dass irgendjemand anderes das für mich macht. Das ist wie schlafen, lernen oder essen. Das kann auch niemand stellvertretend für einen machen. Ich habe mich entmündigt gefühlt und war mutlos. Wie kann sich ein Fremder heraus nehmen über meinen Körper und mein Leben zu entscheiden und über meine Entscheidungskraft zu urteilen?

Ich legte den Wunsch erstmal auf Eis – bis ich zweimal innerhalb eines Zyklus nicht herum kam die 'Pille danach' zu nehmen. Das war schrecklich. Ich war nervlich völlig neben der Spur. Mein Zyklus hat sich durch «Hormonüberdosis» völlig verschoben und ich hatte Angst. Dieses 'potentiell schwanger' sein war für mich unerträglich. Fühlte mich von den Ärzten im Stich gelassen, die mir hätten helfen können.
Aber ich wollte mein Leben weder von einem Kind noch von irgendeinem Arzt bestimmen lassen. Ich startete die Suche erneut und wurde fündig und kann nun ohne Verhütungsmittel zu nehmen leben. Nichts das reißen, verrutschen oder vergessen werden kann. Und es fühlt sich richtig an. Es gehört zu meiner Identität, als hätte es immer so sein müssen. Es ist mein Leben. Ich bin endlich frei.

Mittlerweile bin ich mit einem Mann glücklich zusammen, für den dieses Thema noch nicht abgeschlossen ist. Aber das ist in Ordnung. Mir ist wichtig, dass man sich auch in der Beziehung als zwei Individuen wahrnimmt, die nicht immer die gleichen Vorstellungen haben müssen. Wir sind gemeinsam 'wir' solange wir zusammen harmonieren. Aber wir haben beide auch ein eigenes Leben und können damit machen, was wir wollen. Und in der Schnittmenge treffen wir auf unser gemeinsames Leben.

Ich habe diese Tür «eigene Kinder in die Welt setzen» für mein Leben bewusst und gewollt geschlossen und mir dafür viele andere geöffnet. Das sehen und verstehen Außenstehende oft nicht, was ich auch zu spüren bekomme.

Das Thema Kinderlosigkeit (oder -freiheit) und Elternschaft ist sehr vielschichtig und genauso emotional. Auch für mich. Ich finde es schade und traurig, wenn uns OK-Frauen nicht die gleichen Rechte zugesprochen werden, wie Menschen mit Kindern. Auch wir sind mündige, aber verletzbare Wesen, mit Gefühlen, Wünschen, Träumen und Bedürfnissen. Jedem und jeder sollte die Zeit und den Raum zugesprochen werden sich selbst und seine eigenen Vorstellungen zu entdecken, festzumachen, zu verwirklichen, zu hinterfragen und auch wieder zu verwerfen und sich neu zu erfinden. Wir alle sollten mehr miteinander reden, als gegeneinander und uns mehr zuhören.
Kontakt via Regula